Es gibt bestimmte Laute in der deutschen Sprache, die für englische Muttersprachler eine Herausforderung darstellen, auch wenn sie im Deutschen ziemlich fit sind.
Heute standen meine irische Frau und ich in unserem örtlichen Getränkemarkt an der Poststelle; unsere Lieblingsmitarbeiterin war da. Meine Frau – müde von der Arbeit und einfach fit für die Hollywoodschaukel im Garten – hatte eine leichte Wortfindungsstörung beim Wort “Briefmarke”. Zugegebenermaßen ist das Wort “Briefmarke” für englische Muttersprachler sowieso nicht ganz einfach:
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Das R vor Vokalen wird im Englischen, anders als bei uns, als retroflexes [ɻ] ausgesprochen;
die geschriebene Buchstabenkombination “ie” wird im Englischen in vielen Fällen als [aɪ] ausgesprochen, bei uns hingegen als langes [i:];
das R nach Vokalen wird im irischen- und amerikanischen Englisch hörbar als sog. retroflexes [ɻ] ausgesprochen, im Deutschen dagegen als Vokal.
Auf die Anmerkung und Entschuldigung meiner Frau hin, sie sei ein bisschen müde, lächelte die Angestellte verständnisvoll, sagte, sie habe sie doch verstanden und fügte hinzu: “Briefmarke ist aber auch ein doofes Wort. Mach’s Dir doch einfacher und sag: Postwertzeichen.”
Ich möchte mich natürlich weder über Mrs. Böttner noch über die übrigens immer ausgesprochen liebe Angestellte lustig machen; ich musste nur über den Zufall schmunzeln, dass ausgerechnet das Synonym des Wortes “Briefmarke” für englische Muttersprachler mindestens ebenso schwierig zu artikulieren ist.
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Das W wird im Englischen als [ʍ] anders ausgesprochen als bei uns;
das R nach Vokalen hab’ ich ja oben schon erwähnt;
den Laut /ts/ gibt es im Englischen am Silbenanfang nur bei Tsunami und Tse-Tse-Fliege, während der Buchstabe Z immer als weiches [z] ausgesprochen wird, so wie bei uns das S am Silben- und Wortanfang;
die Buchstabenfolge “ei” wird im Englischen als langes [i:] ausgesprochen;
und der Ch-Laut [ç] ist ohnehin eine Sache für sich.
Wie gesagt, ich schmunzle nicht über Mrs Böttner oder die in der Phonologie wenig erfahrene Angestellte. Manchmal helfen Synonyme deutschen Fremdsprachlern im Alltag weiter, weil sie mitunter leichter zu artikulieren sind. “Briefmarke” und “Postwertzeichen” sind aber ein Beispiel, wo das genau nicht zutrifft.